Ein denkwürdiger erster April

Ein denkwürdiger erster April

Generationenbetrieb Autohaus Ohnheiser seit über 50 Jahren in Wertingen 

Von Ulrike Hauke 

Wertingen Die Sekunden ticken am Bildschirm, …vier, drei, zwei, eins – und er hat ihn ersteigert! Ein schwarzen VW Taigo! Ein Fahrzeug von sechs Stück, die sich der Junior-Chef vom gleichnamigen Autohaus, Hannes Ohnheiser, für den heutigen Tag ausgesucht hat. Bei dem Taigo hat es geklappt, bei den anderen fünf wurde er überboten. „Ich durchsuche täglich das große Gebrauchtwagen-Portal des VW-Konzerns für unsere Kundschaft, daraus picke ich mir Wagen raus, die dann wiederum aus unserem Internetauftritt gekauft werden können“, erklärt der 21-jährige einen Bereich seiner Aufgaben im familiengeführten KFZ-Betrieb. Hannes ist bereits die dritte Generation, die den weiteren Fortbestand des in Wertingen angesiedelten Autohauses garantiert.

Es war ein erster April im Jahr 1972, als Großvater Adolf Ohnheiser, gelernter Bürokaufmann, gemeinsam mit dem KFZ-Meister Albert Gumpp einen KFZ-Vertrieb mit Werkstatt in Geratshofen eröffnet. „Das lief vom ersten Tag an gut, obwohl wir damals nicht mal einen Ausstellungsraum hatten“, erinnert sich dieser. Im heutigen Tschechien geboren, verschlug es den heute 83-jährigen nach Kriegsende mit seinen Eltern 1946 nach Wengen, wo er auch seiner Frau Irene begegnete. „Sie war fünf Jahre jünger und arbeitete dort in einer Wirtschaft als Bedienung.“ Nur wegen ihr sei er immer in das Wirtshaus gegangen, sagt er mit verschmitztem Lächeln. Die beiden heiraten 1962 und ziehen gemeinsam vier Kinder groß. Ohnheiser macht nach der Schule eine Lehre zum Bürokaufmann, handelt nebenbei mit Möbeln und steigt als Personalchef in einen Dillinger Betrieb ein: „Da habe ich das Geld immer bar auf die Hand an die Angestellten ausbezahlt.“ Viel sei dabei aber für ihn nicht rum gekommen, sagt er, also haben er und seine Irene den Schritt in die Selbständigkeit beschlossen. „Da hatten wir schon zwei unserer vier Kinder.“

Zuerst war es eine Esso-Tankstelle in Lauingen, dann eine Tankstelle in Füssen im Allgäu. „1964 sind wir dorthin umgezogen und haben vom Mai bis September ein Mordsgeschäft gemacht, die restlichen Monate waren tote Hose.“ Die Familie hatte Glück, als zu der Zeit sein ehemaliger Lehrherr von Auto Magg aus Wertingen anfragte, ob er nicht eine ARAL-Tankstelle in der Zusamstadt übernehmen wolle. Gesagt, getan. „Im Mai 1965 waren wir schon wieder hier.“ Wenige Monate drauf wurde im Dezember das dritte Kind, Sohn Günter, geboren. Die Tankstelle am Laufen zu halten gelang dem Ehepaar mit Erfolg, sie im Service, er mit all den Diensten, die sie ihrer Kundschaft auch anboten, wie Wagenpflege, Reifendienst oder ein Ölwechsel. Der Service für Unterbodenschutz, „ging bei mir immer mehr auf die Hände und Finger, so dass wir zum 31. Dezember 1971 die Tankstelle aufgaben.“

Ein Hinweis führte schließlich zur Gründung des Autohauses im Jahr 1972: „Audi suchte in Wertingen eine Werkstatt als Vertragspartner, also haben Albert Gumpp und ich zum 01. April 1972 diesen Schritt gemeinsam gewagt.“ Die Freunde waren erfolgreich, nicht zuletzt auch deshalb, weil laut Ohnheiser 1975 VW und Audi eine Allianz eingingen: „Dadurch hatten wir viel mehr Autos im Angebot.“ 1981 erwarben sie ein 7 000 Quadratmeter großes Areal in der Industriestraße, das heute 12 000 Quadratmeter umfasst. Zuerst das Gelände, dann der Bau des Gebäudes: 1982 eröffneten Ohnheiser und Gumpp dort ihr Autohaus. „Ich bin oft zu den Kunden nach Haus gegangen, um ihnen Autos zu verkaufen“ erinnert sich Adolf Ohnheiser und lacht. Für heutige Zeiten nicht mehr vorstellbar.

Doch dann verlässt das Glück die Ohnheisers, es passiert ein schreckliches Unglück: „Mein Kompagnon hatte einen tödlichen Unfall im Dezember 83, das war nicht nur menschlich eine Katastrophe sondern auch beruflich.“ Gumpp sei ein Könner seines Fachs gewesen, „ich hatte keinen KFZ-Meister mehr und Schulden für zwei“. Gemeinsam mit seinen Söhnen, die mit im Betrieb beschäftigt waren, schaffte die Familie diesen schweren Einschnitt und ist bis heute erfolgreich. Inzwischen führt seit den 2000er Jahren Sohn Walter den Betrieb, seit 2010 ist er Geschäftsführer vom Autohaus Ohnheiser. Er ist dankbar, „dass wir mit all unseren Dienstleistungen einen guten Ruf genießen, in unseren Werkstätten bearbeiten wir neben unseren Marken VW, Audi und Skoda auch alle anderen Autos.“ Dass sich der Autoverkauf grundsätzlich gewandelt hat und fast nur noch übers Internet läuft, bestätigt Walter Ohnheiser. Außerdem seien die Auflagen der Markenhersteller für die Händler immer rigoroser.

Umso mehr sind Adolf und Walter Ohnheiser, „beruhigt, dass unserer Familienbetrieb mit dem Hannes eine Zukunft hat.“ Dieser kümmert sich derzeit, wie eingangs erwähnt, um den Zu- und Verkauf der Gebrauchtwagen sowie um die Umstellung in die digitalisierte Welt auch im Autohandel. „Ab Sommer lasse ich mich noch für ein Jahr zum Betriebswirt im Automobilbereich ausbilden“, sagt er. Dann will er gern wieder nach Hause kommen: „Ich bin zufrieden hier im Ort und freu mich auf meine Aufgaben.“ Und: eine Familie hier im „Städtle“ zu gründen kann sich der aufgeschlossene junge Mann auch gut vorstellen. 

Bildtexte: 

Drei Generationen und ein Autohaus, gegründet an einem ersten April im Jahr 1972: (von links) Walter Ohnheiser, Geschäftsführer des Familienbetriebs in der Wertinger Industriestraße mit seinem Vater Adolf (sitzend) und seinem Sohn Hannes, der sich um den digitalen Auftritt sowie den Zu- und Verkauf von Gebrauchtwagen kümmert. Das Oldtimermodell ist ein VW 412 L Variant, Baujahr 1974. (Foto: Ulrike Hauke)